Mit unserem Gerhard von Scharnhorst wurde uns Deutschen am heutigen Tag Anno 1755 (in Bordenau) fürwahr ein großer Heerführer geboren. Unter den Argusaugen Napoleons baute dieser unsere preußische Armee wieder auf und legte zugleich die Grundlagen für deren plötzliche Vermehrung, die dann dem Napoleon zum Verhängnis geworden ist. Die Größe von Scharnhorsts Verdienst mag man daran ermessen wie wenig Napoleon gegen die neue preußische Armee von 1813 auszurichten vermochte, wovon uns Clausewitz in seinem Feldzugsbericht nun erzählt:

„Eben die Gründe, welche von einer letzten Anstrengung des Generals von Blücher zur Wiedereroberung des verlorenen Terrains keinen entscheidenden Erfolg für das Ganze hoffen, dabei aber eine höchst gefährliche Lage für das Blüchersche Korps befürchten ließen, bestimmten das Armeekommando die Schlacht auf diesem Punkt etwa zwischen drei und vier Uhr Nachmittags abzubrechen und den Rückzug zu befehlen. Dieser geschah unter diesen Umständen in völliger Ordnung in zwei Kolonnen. Die russischen Truppen des Zentrums und des linken Flügels gingen über Hochkirch auf Löbau; die preußischen Truppen über Wurschen auf Weißenberg. General Barklay aber und General Kleist nebst der preußischen Kavalleriereserve stellten sich auf den vorteilhaften Höhen von Gröditz wieder auf, um den Marschall Ney und den General Lauriston hier aufzuhalten, was auch mit Erfolg den ganzen Abend hindurch geschah, so daß die Generale von Blücher und von York Zeit hatten, Weißenberg mit der Queue ihrer Kolonnen zu passieren. Diese Maßregel war um so nötiger, als der Feind aus der Gegend von Baruth es viel näher nach Weißenberg hatte, als die Generale v. Blücher und v. York aus der Gegend von Kreckwitz und Purschwitz. Der Feind folgte im Zentrum wenig oder gar nicht. Auch in dieser Schlacht hatte der Feind kein einziges Geschütz erobert und wenig oder gar keine Gefangene gemacht. Und wenn er diesmal die Alliierten aus einem Teil ihrer Stellung wirklich verdrängt hatte, so war es mit so großen Opfern an Menschen geschehen, daß man ohne Übertreibung seinen Verlust auf das Doppelte des unsrigen annehmen kann, da die alliierte Armee höchstens 12- bis 15,000 Tote und Blessierte hatte, während der Feind, wie schon gesagt, allein 18,000 Blessierte nach Dresden abführen ließ. – Solche Siege sind es gewiß nicht, auf welche der Kaiser Napoleon gerechnet hat. Er ist gewohnt gewesen seinem Gegner mit verhältnismäßig geringem Verlust entscheidende Niederlagen beizubringen, um dadurch einen schnellen, übereilten Frieden abzubringen. So fordert es die Natur seiner ganzen Lage als Eroberer. Jetzt aber, nachdem er in Rußland das unerhörte Unglück erlebt hat und dadurch in eine größere Bedrängnis gekommen ist als je, jetzt war es ihm doppelt und dreifach Bedürfnis, durch glänzende Siege die erwachten Hoffnungen Europas niederzudonnern und die sich rüstenden neuen Feinde zurückzuschrecken. Offenbar ist dies nicht geschehen. Er muß sich hier mit halben Vorteilen begnügen, die dem Strome, der gegen ihn gerichtet ist, nur einen schwachen Damm entgegenstellen, während hinter ihm neues Verderben über seine Macht und seine Pläne einbricht und Lord Wellington als Sieger von Vitoria an der französischen Grenze steht. Wir haben also keine Ursache, uns über unsere Lage zu beklagen, und dürfen überzeugt sein, daß Beharrlichkeit, Ordnung, Mut und Vertrauen uns zu unserm Ziel führen werden trotz der zeitigen Vorteile, mit welchen sich der Feind über uns voreilig brüstet und die ihm keine gereiften Früchte tragen werden. Von Weißenberg und Löbau zog sich die alliierte Armee am 22. auf Görlitz zurück. Die Arrieregarde hatte bei Reichenbach ein kleines Gefecht, welches der französischen Armee einen Marschall und zwei Generale, dem Kaiser Napoleon einen Freund kostete. Der Kaiser nämlich, unwillig, daß seine Generale der Avantgarde keine Gefangenen einsendeten von einer geschlagenen Armee, übernahm auf einen Tag selbst den Befehl über dieselbe, um es ihnen zu lehren. Unsere Arrieregarde stand bei Reichenbach; sie war sehr zahlreich an Kavallerie und Artillerie und wünschte sehr mit der französischen Kavallerie zu einem Gefecht zu kommen. Es entstand eine Kanonade und einige feindliche Kavallerieregimenter zeigten sich wirklich. Diese aber wurden leicht zurückgeworfen, und bei der Kanonade fand sich, daß eine verhängnisvolle Kugel ganz in der Nähe des Kaisers den französischen General Kirschner tot niederwarf, dem Marschall Duroc den Leib aufriß und den General Labruyere tödlich verwundete. Der Kaiser, erschüttert durch diesen Sensenhieb des Schicksals, der sich so nahe unter seinen Augen zutrug und seinen liebsten Freund wegraffte, wandte sein Pferd schweigend um und es blieb seitdem bei der alten Art, zu verfolgen. Von Görlitz zog sich die alliierte Armee wieder in zwei Kolonnen: über Naumburg am Queiß, Bunzlau, Haynau, und über Lauban, Löwenberg, Goldberg, Striegau nach dem Lager von Piltzen bei Schweidnitz zurück, wo sie den 1. Juni eintraf. Die preußische Armee befand sich nebst dem Korps des Generals Barklay in der Kolonne des rechten Flügels, welche über Haynau marschierte. Da es in der Absicht lag, den Rückzug so langsam als möglich fortzusetzen, ohne sich in ein allgemeines Gefecht zu verwickeln, und da die feindliche Avantgarde nach und nach anfing, unsere Arrieregarde stärker zu drängen, so beschloß der General v. Blücher der feindlichen Avantgarde ein Versteck zu legen und sie für ihre Dreistigkeit zu bestrafen. Die Gegend hinter Haynau bot dazu eine gute Gelegenheit dar. Von Haynau nach Liegnitz kommt man, eine Viertel-Stunde hinter Haynau, in das Dorf Michelsdorf, und von diesem Dorfe bis Doberschau, welches eine halbe Meile davon liegt, ist die Gegend völlig eben und frei. Nur die Dörfer Pantenau und Steudnitz, welche in einem Wiesenthal liegen, bilden wieder einen Terrainabschnitt. Rechts der Ebene zieht sich ein durchschnittenes Terrain fort, welches mit dem Dorfe Überschaur anfängt, aus einem ganz flachen Grunde und einzelnen kleinen Wäldern besteht. So zieht sich die Gegend fort bis Baudmannsdorf, welches mit Doberschau ungefähr in gleicher Höhe, aber eine halbe Meile rechts davon liegt.“

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