Wir Nibelungen wurden Anno 1755 durch den hochgelehrten Herrn Hermann Obereit vom Staub der Vergessenheit befreit. Der fand an jenem denkwürdigen Tage nämlich eine Abschrift unseres Liedes in der Bücherei der Schloßes Hohenems bei Donaueschingen. Unsere Wiederentdeckung muß natürlich auch gebührend gefeiert werden. Also mit Met, Dichtungen, Bildern, Filmen und Musik. Den ersten Teil des Nibelungenfilms – namens „Siegfried von Xanten“ – von Anno 1967 steuere ich zu diesem Zweck bei: https://www.youtube.com/watch?v=5W8HIRgC1IQ Und lasse den unbekannten Dichter des Nibelungenliedes euch dazu erzählen wie ich und der Hagen damals auf Schildwache gestanden sind, beim König Etzel im Hunnenland: http://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/19Jh/Simrock/sim_ni00.html
„Da sie entschlafen waren und Volker das befand,
Da nahm der Degen wieder den Schild an die Hand
Und ging aus dem Hause vor die Türe stehn,
Seine Freunde zu behüten vor Denen in Kriemhilds Lehn.
Wohl der Nacht inmitten, wenn es erst da geschah,
Volker der kühne einen Helm erglänzen sah
Fernher durch das Dunkel: Die Kriemhild untertan,
Hätten an den Gästen gerne Schaden getan.
Bevor diese Recken Kriemhild hatt entsandt,
Sie sprach: „Wenn ihr sie findet, so seid um Gott ermahnt,
Daß ihr Niemand tötet als den einen Mann,
Den ungetreuen Hagen; die Andern rühret nicht an.“
Da sprach der Fiedelspieler: „Nun seht, Freund Hagen,
Uns ziemt, diese Sorge gemeinsam zu tragen.
Gewaffnet vor dem Hause seh ich Leute stehn:
So viel ich mag erkennen, kommen sie uns zu bestehn.“
„So schweigt“, sprach da Hagen, „laßt sie erst näher her.
Eh sie uns inne werden, wird ihrer Helme Wehr
Zerschroten mit den Schwertern von unser Beider Hand:
Sie werden Kriemhilden übel wieder heimgesandt.“
Der Heunenrecken Einer das gar bald ersah,
Die Türe sei behütet: wie schnell sprach er da:
„Was wir im Sinne hatten, kann nun nicht geschehn:
Ich seh den Fiedelspieler vor dem Hause Schildwacht stehn.
„Er trägt auf dem Haupte einen Helm von lichtem Glanz,
Der ist hart und lauter, stark dazu und ganz.
Auch loh’n die Panzerringe ihm, wie das Feuer tut.
Daneben steht auch Hagen: die Gäste sind in guter Hut.“
Da wandten sie sich wieder. Als Volker das ersah,
Zu seinem Heergesellen in Zorn sprach er da:
„Nun laßt mich von dem Hause zu den Recken gehn:
So frag ich um die Märe Die in Kriemhildens Lehn.“
„Nein, wenn ihr mich lieb habt“, sprach Hagen entgegen,
„Kämt ihr aus dem Hause, diese schnellen Degen
Brächten euch mit Schwertern leicht in solche Not,
Daß ich euch helfen müßte, wärs aller meiner Freunde Tod.
„Wenn wir dann Beide kämen in den Streit,
So möchten ihrer zweie oder vier in kurzer Zeit
Zu dem Hause springen und schüfen solche Not
Drinnen an den Schlafenden, daß wir bereuten bis zum Tod.“
Da sprach wieder Volker: „So laßt es nur geschehn,
Daß sie inne werden, wir haben sie gesehn:
So können uns nicht leugnen Die Kriemhild untertan,
Daß sie gerne treulos an den Gästen hätten getan.“
Da rief der Fiedelspieler den Heunen entgegen:
„Wie geht ihr so bewaffnet, ihr behenden Degen?
Wollt ihr morden reiten, ihr Kriemhild untertan?
So nehmt mich zur Hilfe und meinen Heergesellen an“,
Niemand gab ihm Antwort; zornig war sein Mut:
„Pfui, feige Bösewichter“, sprach der Degen gut,
„Im Schlaf uns zu ermorden, schlicht ihr dazu heran?
Das ward so guten Helden bisher noch selten getan.“
Bald ward auch die Märe der Königin bekannt
Vom Abzug ihrer Boten: wie schwer sie das empfand!
Da fügte sie es anders; gar grimmig war ihr Mut.
Da mußten bald verderben viel der Helden kühn und gut…“