Wolfram von Eschenbach

Mit seiner Versdichtung ehren wir heute unseren fahrenden Minnesänger aus Franken, Wolfram von Eschenbach. Dieser lebte von Anno 1170 bis Anno 1220 und schlug sich im Wesentlichen ganz gut durch. Zumindest schätzen seine Zeitgenossen seine Dichtung derart, daß sie uns bis zum heutigen Tag überliefert wurde. Wirklich in Vergessenheit geraten ist sein Parzival nie, was uns aber auch die Möglichkeit genommen hat – anders als beim Nibelungenlied – den Tag der Wiederentdeckung beziehungsweise den Wiederentdecker zu feiern. Die fränkische Stadt Eschenbach wird mit unserem Dichter gemeinhin in Verbindung gebracht und hat sich mittlerweile auch nach diesem umbenannt. Mehr gibt es nicht zu sagen und daher geht es nun in der Versdichtung weiter: http://www.zeno.org/Literatur/M/Wolfram+von+Eschenbach/Versepos/Parzival

„So fuhr der Hochgemute

In die Stadt mit Volk und Gute;

Zehn Säumer ließ ers fassen:

Die keuchten durch die Gassen,

Und zwanzig Knappen ritten nach.

Sein Volk voraus zu reiten pflag:

Lakaien, Köche, Küchenjungen,

Die kamen vorn einher gesprungen.

Stolz war sein Ingesinde:

Zwölf hoch geborner Kinde

Hinter seinen Knappen ritten

Mit guter Zucht und süßen Sitten;

Darunter waren Sarazenen.

Acht Rosse zog man hinter denen

An den Zäumen, allzumal

Verdeckt mit gutem Zindal;

Das neunte seinen Sattel trug.

Seinen Schild, der euch bekannt genug,

Führt‘ ein muntrer Knapp herbei.

Nach diesem ritten in der Reih

Posauner, die man auch bedarf.

Ein Tambour schritt und schlug und warf

Seine Trommel hoch empor.

Dem Herren kam es spärlich vor,

Ritten Flötenspieler nicht dabei

Und der guten Fiedler drei.

Sie eilten alle nicht zu sehr.

Er selbst ritt hinter ihnen her,

Den Schiffmann zu der linken Hand,

Den weisen, weithin wohlbekannt.

Soviel Volks auch war darinnen,

Mohren und Möhrinnen

Waren beide, Weib und Mann.

Auch sah der Degen wohlgetan

Viel Schilde da zerbrochen

Und von Speeren ganz durchstochen.

Man sah sie aufgehangen

An Wand und Türen prangen.

Sie hatten Angst und Jammer da.

IN die Fenster, kühler Luft zu nah,

War gebettet manchem Wunden:

Hätt er den Arzt gefunden,

So konnt er doch nicht mehr genesen.

Die waren vor dem Feind gewesen.

So ergeht es uns, die ungern fliehn.

Sich entgegen sah er Rosse ziehn

Durchstochen und zerhauen;

Auch viel dunkelfarbge Frauen

Zu beiden Seiten neben sich:

Ihr Schein der Rabenschwärze glich.

Gar freundlich nahm ihn auf sein Wirt,

Der bald noch mehr sich freuen wird.

Er war ein kraftreicher Mann:

Mit seiner Hand hatt er getan

Manchen Stich und manchen Schlag,

Da er einer Pforte hütend pflag.

Viel Ritter, die er bei ihm fand,

Hängten die Hände in ein Band

Die Häupter voller Schrunden.

So stands mit ihren Wunden,

Sie übten dennoch Ritterschaft;

Unverkürzt war ihre Kraft.

Sein Wirt, der Burggraf der Stadt,

Den Gast mit holden Worten bat,

Sich für daheim zu halten

Und nach freier Lust zu schalten

Über sein Gut und über ihn.

Er führt‘ ihn seinem Weibe hin,

Die Gahmureten küsste,

War es gleich nicht sein Gelüste.

Dann ging es in den Speisesaal.

Als sie gegessen allzumal,

Da ging der Marschall hin zuhand,

Wo er die Königstochter fand

Und heischte großes Botenbrot.

Er sprach: „Herrin, unsre Not

Ist mit Freuden nun zergangen.

Der hier gastlich ward empfangen,

Der Ritter ist so kühn im Streit,

Wir müssen danken allezeit

Den Göttern, die ihn hergebracht,

Dass sie uns Rettung zugedacht.“

„Nun sag mir bei der Treue dein,

Wer der Ritte möge sein?“

„Frau, es ist ein stolzer Degen,

Dem einst der Baruch Gold ließ wägen,

Ein Anschewein von hoher Art.

Hei! Wie wenig wird gespart

Sein Leben, kommt er in den Streit!

Wie kann er stets zu rechter Zeit

Weichen und vorwärts dringen

Und Feinden Schaden bringen.

Ich sah ihn kämpfen gar verwegen,

Als vor Babylon die Degen

Alexandrien entsetzen sollten

Und den Baruch treiben wollten

Mit Gewalt aus dem Feld.

Wie manchen hat er da gefällt

Bei des Heeres Niederlage!

Wohl beging an diesem Tage

Der edle Held so kühne Tat,

Sie mussten fliehn, es blieb kein Rat.

Auch rühmten alle so den Mann,

Ich erkannte leicht daran,

Dass sie oben manchen Landen

Den Preis ihm zugestanden…“

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