Hermann der Cherusker und die Schlacht im Teutoburger Wald

„Die Geschichte gehört vor Allem dem Tätigen und Mächtigen, dem, der einen großen Kampf kämpft, der Vorbilder, Lehrer, Tröster braucht und sie unter seinen Genossen und in der Gegenwart nicht zu finden vermag. So gehörte sie Schillern: denn unsere Zeit ist so schlecht, sagte Goethe, daß dem Dichter im umgebenden menschlichen Leben keine brauchbare Natur mehr begegnet. Mit der Rücksicht auf den Tätigen nennt zum Beispiel Polybios die politische Historie die rechte Vorbereitung zur Regierung eines Staates und die vorzüglichste Lehrmeisterin, als welche durch die Erinnerung an die Unfälle Anderer uns ermahne, die Abwechselungen des Glückes standhaft zu ertragen.“

Sagt wie immer unser Friedrich Nietzsche und daher sollte verständlich sein, warum es geboten ist, unserem deutschen Volk die Schlacht im Teutoburger Wald in Erinnerung zu rufen, denn verglichen mit den alten Römern sind die VS-Amerikaner wirklich nicht viel mehr als ein schlechter Witz… Anno 9 wurde die berühmte Schlacht von Hermann dem Cherusker geschlagen. Als Geisel kam er Jahre zuvor nach Rom und wurde zum Befehlshaber der deutschen Hilfstruppen ernannt. Und so lernte er die Stärken und Schwächen der römischen Legionen kennen. Es gelang ihm den römischen Statthalter Varus zu überlisten. Denn um angebliche Aufstände zu bekämpfen rückte Varus mit seinen Legionen tief in unseren deutschen Wald. Darin konnte der römische Heerwurm in den Flanken angegriffen und einer dreitägigen Schlacht gänzlich vernichtet werden. Man vermutet deshalb, daß Hermann der Cherusker die geschichtliche Vorlage für unseren Drachentöter Siegfried in der Sage sein könnte. Vom römischen Heerwurm ist es nämlich nicht weit bis zum feuerspeienden Lindwurm. Mit der Schlacht im Teutoburger Wald war unser deutscher Freiheitskampf übrigens noch nicht zu Ende. Denn Tiberius schickte den Germanicus mit einem starken Heer auf Rachefeldzug. Eine neue vernichtende Niederlage erlitten die Römer dabei zwar nicht, aber die Kämpfe waren doch so beschwerlich und verlustreich, daß die Römer nach einigen Jahren ihr Vorhaben aufgaben und sich hinter unseren deutschen Rhein zurückzogen. Dort saßen sie dann allerdings noch 400 Jahre lang… In der Römischen Geschichte des Velleius Paterculus findet sich ein weiterer epischer Bericht der Schlacht im Teutoburger Wald, den ich nun zum Besten gebe: https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10247195_00001.html

„Kaum hatte Tiberius den Deutschen und Dalmatischen Krieg beendet, als fünf Tage danach die traurigen Nachrichten aus Deutschland über die Niedermetzelung des Varus und seiner Legionen, ebenso vieler Geschwader und sechs Kohorten, anlangten. Nur hierin erwies uns das Schicksal gewissermaßen eine Gunst, daß wenigstens ein Feldherr da war, der ein solches Unglück wieder gut machen konnte, nämlich Tiberius. Die Ursache des Unglücks und die Person, die davon betroffen wurde, legt mir Verzug auf. Quintilius Varus stammte aus einer guten, wenn schon nicht altadeligen Familie und war von milder Gesinnung und ruhigem Temperament. An Geist und Körper etwas schwer beweglich, war er eher der Lagermuße, als des Kriegslebens gewohnt. Wie wenig er das Geld verachtete, bewies das vorher von ihm verwaltete Syrien, eine reiche Provinz, die er arm betreten und reich als armes Land verlassen hatte. Mit dem Oberbefehl über das in Deutschland stehende Heer betraut, hielt er die Bewohner für Menschen, an denen außer der Stimme und den Gliedern nichts Menschliches sei. Da sie durch das Schwert nicht gebändigt werden konnten, so glaubte er sie durch das Römische Recht bilden zu können. Mit diesem Vorsatz betrat er Deutschland, als käme er zu Männern, die der Segnungen des Friedens froh seien und brachte die Zeit des Sommerfeldzuges mit feierlichem Rechtsprechen von seinem Stuhle aus hin. Doch jene Barbaren sind, was kaum jemand glauben möchte, der es nicht selbst erfahren hat, bei aller Rohheit höchst schlau und zum Lügen wie geboren. Sie spannen erdichtete langwierige Prozesse fort, bald schmähten sie zum Schein einer den Andern, bald dankten sie dem Varus, daß er ihre Händel nach Römischem Rechte beilege, so ihre Wildheit sich durch die neue und vorher ihnen unbekannte Kunst allmählich mildere, und das, was früher durch die Waffen war geschlichtet worden, jetzt aus rechtskräftigem Wege beendet würde. Hierdurch wiegten sie Quintilius in die größte Sorglosigkeit ein, so daß er meinte, als Stadtprätor aus dem Markte von Rom Recht zu sprechen, nicht im Herzen von Deutschland ein Heer zu kommandieren. Unter den Deutschen befand sich damals ein junger Mann, der mit dem Römischen Bürgerrechte den Rang eines Ritters erlangt hatte, mit Namen Arminius, ein Sohn des Fürsten jenes Volkes, Segimer. Von adeliger Herkunft, tapfer, schnell und gewandteren Geistes, als die Barbaren gewöhnlich, leuchtete die Kraft seines Geistes aus seinem Blicke und seinen Augen. Früher hatte er unsere Feldzüge stets mitgemacht, jetzt benutzte er die Trägheit unseres Feldherrn zu einem Verbrechen, richtig voraussehend, daß Niemand schneller vernichtet wird, als der nichts Ahnende, und daß die Sicherheit sehr häufig der Anfang des Unglücks ist. Zuerst also teilte er seinen Plan nur wenigen, bald mehreren mit. Er behauptete mit überzeugender Kraft der Rede, die Römer könnten vernichtet werden. Auf die Beschlüsse folgte die Ausführung, und die Zeit des Überfalls wurde festgesetzt. Dies wurde dem Varus durch einen treuen Anhänger in jenem Geschlechte, mit Namen Segestes, einen Mann von erlauchtem Namen, hinterbracht. Doch schon hatte das Geschick seinen Sinn verwirrt und die Einsicht des Geistes verblendet. Denn so verhält es sich, daß meistenteils die Gottheit deren Vernunft umwölkt, deren Glück sie vernichten will, und so das Schreckliche bewirkt, daß dem Unglücklichen sein Geschick auch mit Recht widerfahren zu sein scheint und der Zufall zur Schuld sich verwandelt. Varus also wollte es nicht glauben, und sagte ihm nur, er wisse das Wohlwollen jenes, wenn auch hier nichts damit bewirkt werde, nach Verdienst zu schätzen. Nach diesem ersten Angeber ließ man einem zweiten keine Frist mehr. Ausführlich werde ich dieses furchtbare Unglück, das schlimmste, was die Römer nach der Niederlage des Crassus außerhalb Italiens befiel, in meinem ausführlichen Geschichtswerk zu erzählen versuchen, jetzt ist es genug, den beweinenswerten Ausgang darzustellen. Das über Alles tapfere Heer, durch Mannszucht, Mut und Kriegserfahrung vor allen Römischen Truppen hervorragend, wurde durch die Unfähigkeit des Führers, die Treulosigkeit des Feindes und die Ungunst des Schicksals, umzingelt. Nicht einmal kämpfen oder sich durchschlagen konnten sie ihrem sehnlichsten Wunsche gemäß, denn einige erlitten schwere Strafe, weil sie, als echte Römer, mutig zu den Waffen gegriffen hatten. So wurde das Heer durch Wälder, Sümpfe und den feindlichen Hinterhalt eingeschlossen, und endlich von einem Feinde niedergemetzelt, den es selbst früher wie Vieh geschlachtet, dessen Leben und Tod nur von seiner Gnade oder seinem Zorne abhängig gewesen war. Der Feldherr selbst hatte mehr Mut zum Tode, als zum Kampf: er folgte dem ihm von seinem Vater und Großvater gegebenen Beispiele und durchbohrte sich selbst. Von den beiden Lagerpräfekten gab der Eine, Lucius Eggius, ein eben so herrliches, als der Andere ein schlechtes Beispiel. Dieser nämlich, mit Namen Ceconius, riet, nachdem der größte Teil des Heeres im Kampfe umgekommen war, zur Übergabe, da er lieber hingerichtet werden, als in der Schlacht sterben wollte. Numonius Vala, der Unterfeldherr des Varus, sonst ein ruhiger und rechtlicher Mann, gab ein schauderhaftes Beispiel, indem er das Fußvolk verließ und mit der Reiterei entfloh. Er versuchte mit seinen Geschwadern den Rhein zu erreichen. Doch das Schicksal rächte die Schandtat: er blieb nicht nach den von ihm Verlassenen am Leben, sondern starb als Deserteur. Den halbverbrannten Leichnam des Varus zerriß der wilde Feind, sein Haupt wurde abgeschnitten, zu Marbod gebracht, von diesem zum Cäsar geschickt und durch ein Familienbegräbnis geehrt…“

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