Generalleutnant Johann von Tilly

Schlimmer noch als die Einladung der Kriemhild zum Familienfest beim Hunnenkönig Etzel war der 30jährige Krieg, in welchem wir Deutschen uns zum größten Teil selbst zerfleischten, was zwar schon früher vorgekommen ist – siehe Marbod gegen Hermann den Cherusker – aber in diesem Fall ganz besonders ärgerlich war. Denn um Papismus und Luthertum muß man sich nun wirklich nicht streiten, weil beides für den Monty ist. Unser halbes Volk wurde ausgelöscht und unser deutsches Vaterland schwer verwüstet und staatlich zersplittert. Mancher Mann wurde in dieses unselige Treiben verstrickt, der sich zu anderen Zeiten großen Ruhm erworben hätte. So auch unser Generalleutnant Johann von Tilly, der Anno 1632 heimgegangen ist. Um Anno 1559 wurde er in Brabant geboren und stand anfangs in den Diensten der Habsburger. Am Vorabend des 30jährigen Krieges wurde er zum Feldherrn der katholischen Liga ernannt. Er zerschmetterte die Truppen den Winterkönigs in der Schlacht am Weißen Berg und führte die habsburgisch-ligistischen Truppen in den Schlachten von Wimpfen, Höchst, Stadtlohn und Lutter zum Sieg. Es sah so aus als würden die Habsburger unter Ferdinand II. das machtvolle Kaisertum der Karolinger, Ottonen, Salier und Staufer erneuern können. Doch dann landeten die Schweden und bei Breitenfeld erlitt unser Tilly eine schwere Niederlage und wurde bald darauf in der Schlacht von Rain tödlich verwundet. In der Schlacht am Weißen Berg erfocht unser Tilly einen seiner größten Siege und so darf der Schlachtbericht unseres Geschichtsschreibers Onno Klopp („Tilly im dreißigjährigen Kriege“) nicht fehlen: https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10717043_00005.html

„Die Witterung ward rauer, die Herbeiführung der Lebensmittel schwieriger, die Krankheiten nahmen zu. An einem kalten Herbstmorgen sah man im bayerischen Lager die Geschützwache, zehn Mann, vor Frost erstarrt. Es mußte etwas Nachdrückliches gestehen. Da man bei Rakonicz nicht zum Schlagen kam, zogen Max und Tilly nach längerem Verweilen dort ihren alten Plan hervor aus Prag zu ziehen. Am 4. November brachen sie aus, am 7. erschauten sie die Türme von Prag. Die Böhmen, welche beobachtend erst das Heer der Feinde begleitet hatten, waren voran geeilt und standen vor der Stadt. Es war die Frage, ob man sie angreifen sollte; denn ihre Stellung war vortrefflich. Zur Rechten hatten sie den königlichen Park, den Thiergarten, zur Linken einen steilen Abhang als Deckung, im Rücken die Stadt. Nur von vorn, wo der Boden rau und hügelig, war ein Angriff möglich, und hier waren Verschanzungen errichtet. Dazu floß davor ein Bach mit einer einzigen Brücke. Das Heer des Kaisers und der Bundesgenossen war ermattet von dem langen Marsche, geschwächt durch Krankheiten und Entbehrungen. Dennoch entschieden sich Max und Tilly für den sofortigen Angriff. Bucquoi war dagegen. Dazu war er verwundet und fieberkrank. Er schlug vor die Feinde zu umgehen, dann Prag anzugreifen. Bei gleicher moralischer Kraft der Heere und namentlich der Feldherren hätte dieser Rat im regelmäßigen Verlaufe der Dinge der bessere sein mögen; allein hier kamen mehr Rücksichten in Frage. Max und Tilly brachten noch andere Kräfte und Mittel in Anschlag, als diejenigen der Zahl, des Ortes, der physischen Kraft. Während die Feldherren uneinig waren, trat der Pater Dominikus zu ihnen, ein Mann von ernstem strengem Wandel, der im Rufe der Heiligkeit stand. An seiner Brust sah man das Bild Mariens, aus seinem Stabe das des Gekreuzigten, „Söhne der Kirche“, rief er, „was zaudert ihr? Wie sollten wir nicht setzt sie angreifen, da der Herr sie in unsere Hände gibt? Wir werden sie überwinden, so gewiß wir leben.“ Er zog ein verstümmeltes Marienbild hervor, hielt es hoch und rief: „Seht da, was sie getan. Die Fürbitte dieser wird mit euch sein. Vertrauet auf Gott und geht kühn in die Schlacht. Er streitet für euch und gibt euch den Sieg.“ Bucquoi wich, er stimmte bei. Das Losungswort war: heilige Maria, Es war ein Sonntag, und das Evangelium desselben lautete: Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist. Es waren dieselben Worte, die in fast jeder lutherischen Flugschrift über Böhmen damals wiederkehren, dieselben Worte, deren Anwendung für Ferdinand gegen Friedrich die Kalvinisten den Lutheranern so sehr übel nahmen. Der Angriff mußte von der Niederung aus beginnen, und zu diesem Zwecke die Brücke über den Nach überschritten werden, die im Bereiche der feindlichen Geschütze lag. Tilly wagte es die Seinen zuerst hinüber zu führen. Wallenstein und andere urteilsfähige Richter haben dieses Wagestück später sehr getadelt. Friedrichs Feldherr Christian von Anhalt nannte später den ganzen Angriff eine unbedachtsame, aber brave Resolution. Daß derselbe taktisch ein Fehler war, dürfte danach nicht zweifelhaft sein. Aber Tilly war ein alter ergrauter Feldherr, der als Grundsatz seines Handelns später wohl einmal erklärte: er gehe nicht lieber ins Wasser, als wo er den Grund noch sehen könne. Es ist eine alte Erfahrung, daß ein scheinbarer Fehler strategisch eine wohl begründete Maßregel sein kann. Wir dürfen annehmen, daß ein Fehler, der jedem anderen Auge sich erschloß, demjenigen Tillys nicht verborgen gewesen sein kann. Demgemäß mußte er einen Grund haben, der ihn bewog aus höheren strategischen Rücksichten diesen Fehler zu begehen. Und zwar kann dieser Grund nur in der Überzeugung zu suchen sein, die wir bei ihm, wie bei denn Herzoge Max auf dem ganzen Zuge lebendig sehen: derjenige der Überzeugung von der völligen inneren Nichtigkeit des böhmischen Unwesens. Wie tief muhte der erfahrene alte Feldherr seine Gegner verachten, wenn er, der 61jührige Meister der Vorsicht, das vor ihren Augen wagte! Wenn, wie wir anzunehmen ein Recht zu haben glauben, dies die Berechnung Tillys war: so traf sie vollkommen ein. Sein Zug über die Brücke, sein Aufmarsch ward nicht gestört. Nur der kühne Jugendmut des jüngeren Anhalt, sein Beispiel, das Andere mit fortriß, machte für eine kurze Frist die Waage schwanten. Als Anhalts Ansturm gebrochen, war auch die Schlacht entschieden. Es war Mittag, als sie begann. Sie dauerte nicht eine Stunde. Der Verlust der kaiserlichen Waffen in dem entscheidenden Treffen betrug 3-400 Mann. In wilder Flucht wälzten sich die böhmischen Streiter den Toren der Stadt zu…“

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